Thema des Tages
Ausgegeben vom Deutschen Wetterdienst. Neueste Meldung oben
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Wetter aktuell
HB: Die Hochrandlage
Mit HB - Hoch Britische Inseln - wird die aktuelle Wetterlage in der
Synoptischen Übersicht kurz und knapp zusammengefasst. Schon an der
Bezeichnung wird deutlich, dass das Wetter durch ein Drucksystem
fernab von Deutschland maßgeblich beeinflusst wird. Das kommt zwar
immer wieder vor, doch solche "Randlagen" haben durchaus ihre
Eigenheiten, wie im heutigen Thema des Tages näher beschrieben werden
soll.
Der Blick auf die Wetterkarte für Europa lässt eigentlich Euphorie
zum Wochenstart aufkommen: Ein großräumiges Hochdruckgebiet bei den
Britischen Inseln, dessen Einflussbereich bis nach Deutschland
hineinragt, bestimmt maßgeblich die Witterung über West- und
Mitteleuropa. Anders als es die Lehrmeinung jedoch darstellt, ist das
Hochdruckwetter heute und auch in den kommenden Tagen für einige
nicht von einem goldenen Oktober gekennzeichnet (von regionalen
"Ausnahmen" wie heute dem Osten einmal abgesehen). Ganz im Gegenteil,
teils kommt es zu viel Einheitsgrau am Firmament, zu dem sich lokal
und zeitweise auch noch Sprühregen gesellt. Eine regional wirklich
usselige Kombination.
Dies liegt an der besonderen Konfiguration der Wetterlage. Während
sich vor allem über großen Teilen von Frankreich, näher am
Hochzentrum, die Sonne durchgesetzt hat und trockene Luftmassen das
Wetter bestimmen, ist es bei uns vom Nordwesten bis in den Südosten
grau und vor allem in den unteren Luftschichten ziemlich feucht. Dies
wiederum liegt am Ursprung der Luftmasse, der Strömung und nicht
zuletzt an der Stärke des Hochs. Die Luftmasse über Deutschland wird
derzeit über vielen Regionen aus einer nördlichen bis nordwestlichen
Richtung herangeführt und besitzt demnach einen maritimen Ursprung.
Damit befindet sich ausreichend Feuchte in der unteren Troposphäre,
die zu Nebel, Hochnebel oder sonstigen tiefen Wolken neigt. Eine
starke, sogenannte Absinkinversion darüber, also eine
Temperaturzunahme mit der Höhe statt einer -abnahme, lässt die tiefe
Luft immer weiter mit Feuchte anreichern. Ist diese feuchte Schicht
mächtig genug, dann kann sich darin sogar kleintropfiger Regen
bilden, den wir am Boden als Sprühregen wahrnehmen. Und ist das Hoch
nicht stark genug, um diese Absinkinversion in Bodennähe zu bringen,
so bleibt es einfach grau.
Deutlich wird das mit Blick auf drei Prognose-Radiosondenaufstiege
(Soundings). Über dem Nordosten Frankreichs, genauer gesagt in
Troyes, ist das Hoch etwas kräftiger und die Luftmasse nicht mehr
ganz so feucht, womit die Absinkinversion tiefer liegt und sich
gleichzeitig weniger Feuchte anreichern kann, die in weniger oder
keiner signifikanten Bewölkung resultiert.
Über der Mitte Deutschlands (Fulda) ist ersichtlich, dass die
Absinkinversion deutlich höher ansetzt, das Hoch hier nicht mehr ganz
so kräftig in Bodennähe wirken kann und die feuchte Schicht
wesentlich mächtiger ist. Ergo wird es schwer, für sonnige Abschnitte
im Tagesverlauf zu sorgen, außerdem ist diese feuchte Schicht
vertikal mächtig genug, um vor allem nachts und morgens Sprühregen
auszubilden.
Über dem Nordosten Deutschlands macht sich durch die überwiegend
nördliche Strömung zwischen Hoch SIEGLINDE und Tief GERHARD über
Westrussland ein weiterer wichtiger Effekt bemerkbar, und zwar der
sogenannte Skandinavien-Föhn, ausgelöst durch die Überströmung des
skandinavischen Gebirges und der Abtrocknung auf seiner Leeseite. Im
Prognosesounding wird deutlich, dass die Luftmasse hier in den tiefen
Schichten gut abtrocknen konnte und es im Osten heute daher wolkenarm
und sonnig ist - ein goldener Oktobertag.
In den kommenden Tagen ändert sich an der Grundkonstellation zunächst
wenig: Hoch SIEGLINDE verharrt über den Britischen Inseln, womit wir
weiterhin in der Randlage verbleiben werden und immer wieder ein
Schwall feuchter Luft nach Deutschland geführt wird. Damit wird es
weiterhin Nebel, Hochnebel und Sprühregen geben, was die Tage in
einigen Regionen trist und grau gestalten wird. Anders sieht es
hingegen beispielsweise am morgigen Dienstag südlich der Mainlinie
aus: SIEGLINDE kommt hier ein wenig mehr zum Tragen, gleichzeitig
reißt die Zufuhr der sehr feuchten Luft vorübergehend etwas ab, was
Wolkenauflösung und mehr Sonnenschein forciert. Auf solche regionalen
Besonderheiten kommt es dann auch in den Folgetagen an, wenn man
einen Blick auf die Sonne erhaschen möchte, was aber nicht immer
möglich sein wird - trotz Hochdruckeinfluss in der Wetterkarte.
M.Sc.-Met. Oliver Reuter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.10.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst
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Wetter aktuell
Unwetter im Mittelmeerraum - Überschwemmungen in Spanien
Überschwemmungen, Stromausfälle und zahlreiche Flugausfälle. Tief
"Alice" sorgt im westlichen Mittelmeerraum für unwetterartige
Gewitter und Starkregenfälle.
In Deutschland hält derzeit der Herbst Einzug. Während es in den
Nächten und am Vormittag teils neblig-trüb ist, bleibt der Himmel
tagsüber meist grau und hier und da fällt etwas Regen oder
Sprühregen. Darüber hinaus signalisiert auch die Temperatur: Es geht
wieder in Richtung Winter. Kein Wunder, dass man kurzerhand einen
Flug in die Mittelmeerregion bucht, um den Sommer vielleicht noch
etwas zu verlängern. Immerhin zeigt sich dort um diese Jahreszeit bei
sommerlichen Höchstwerten meist noch vielfach die Sonne.
Wer jedoch dem grauen Herbstwetter in Deutschland entfliehen wollte,
erlebt derzeit an der spanischen Ostküste und auf den Balearen eine
böse Überraschung. Ein sogenannter "Kaltlufttropfen" - also ein
Tiefdruckgebiet in höheren Luftschichten, das mit kalter Luft
angereichert ist - zieht derzeit über das westliche Mittelmeer.
Aufgrund des großen Temperaturunterschieds zwischen dem noch warmen
Mittelmeer mit Wassertemperaturen um 23°C und der höhenkalten Luft in
rund 5500 Metern Höhe mit Temperaturen um -14°C kommt es zu einer
Labilisierung der Atmosphäre. Das heißt, bodennahe, warme und feuchte
Mittelmeerluft steigt auf und kommt in Regionen mit vergleichsweise
kälterer Umgebungsluft. Dadurch erfährt die warme Luft einen
zusätzlichen Auftrieb und steigt weiter auf. So bilden sich teils
kräftige Gewitter, die in der sehr feuchten Mittelmeerluft mit
kräftigen Regenfällen einhergehen können. Aufgrund der zu erwartenden
Auswirkungen wurde das Tief bereits im Vorfeld von EUMETNET, einem
europäischen Netzwerk aus verschiedenen nationalen Wetterdiensten,
auf den Namen "Alice" getauft.
Bereits am vergangenen Freitag, den 10. Oktober 2025, bildeten sich
im Osten und Südosten Spaniens, besonders in den Provinzen Murcia,
Valencia und Alicante wiederholt kräftige Gewitter, die mit
sintflutartigen Regenfällen einhergingen. So kam die Wetterstation in
Cartagena in der Provinz Murcia auf 156,2 Liter pro Quadratmeter
(kurz: l/m²) in nur 24 Stunden. Das entspricht etwas mehr als der
Hälfte des Jahresniederschlags der Region.
Am Samstag zog das Tief dann etwas weiter nordostwärts, wodurch nun
auch die Balearen in den Fokus rückten. So registrierte die Station
in der größten Stadt Ibizas Sant Antoni de Portmany 119,7 l/m²
innerhalb eines Tages. Zudem wurde der Südosten Kataloniens von
kräftigen Gewittern heimgesucht und dabei Niederschlagsmengen bis 92
l/m² aufgefangen. In der Provinz Valencia gab es keine Beruhigung.
Dort fielen erneut gebietsweise zwischen 80 und 100 l/m², an der
Station Carcaixent wurden sogar 132,8 l/m² gemessen. Besonders sticht
hier die Station Miramar hervor. Dort wurden von Freitagabend bis
Sonntagfrüh rund 240 l/m² in drei Tagen gemessen.
Dass diese Wetterkapriolen nicht spurlos vorübergehen, ist angesichts
der gemessenen Niederschlagssummen klar. So kam und kommt es
vielerorts zu Überschwemmungen, die Erinnerungen an die schwere
Flutkatastrophe vom Oktober vergangenen Jahres wach werden lassen.
Damals sorgte Dauerregen im Osten und Süden Spaniens für verheerende
Schäden und forderte auch Menschenleben.
Auf den Balearen mussten aufgrund der Starkregenfälle zahlreiche
Flüge gestrichen werden, der Flughafen auf Ibiza kämpfte sogar
innerhalb des Terminals mit den Wassermassen. Auf Ibiza, Mallorca und
Formentera kam sogar das sogenannte Cell-Broadcast-System zum
Einsatz, womit Warnmeldungen direkt auf die Mobilfunkgeräte der
Bevölkerung gesendet werden können. Dabei wurden die Leute
ausdrücklich davor gewarnt, sich nicht in der Nähe von
überschwemmungsgefährdeten Regionen oder Flüssen aufzuhalten. In
einigen Regionen fiel darüber hinaus der Strom aus, sodass mehrere
Hundert Haushalte zeitweise ohne Strom waren.
Am heutigen Sonntag (12. Oktober 2025) warnt der spanische
Wetterdienst AEMET in den Küstenregionen von der Provinz Valencia bis
nach Katalonien vor weiteren kräftigen Gewittern und heftigen
Starkregenfällen. Insbesondere im südlichen Katalonien und im
nördlichen Castellón wird vor Mengen mit bis zu 140 l/m² gewarnt.
Auch auf den Balearen gibt es keine Entwarnung. Dort fallen die
Niederschlagsmengen zwar geringer aus, der spanische Wetterdienst
warnt jedoch weiterhin mit der Warnstufe Gelb und Orange vor
Gewittern und Starkregen.
Tief "Alice" soll sich in den Folgetagen unter Abschwächung ins
zentrale Mittelmeer verlagern. Allerdings ist bereits der nächste
Kaltlufttropfen vom Atlantik auf dem Weg ins westliche Mittelmeer.
Dieser zieht am Montag über die Region Valencia, in der Nacht zum
Dienstag dann über die Balearen hinweg. So muss insbesondere im Osten
und Nordosten Spaniens mit weiteren Gewittern und Starkregenfällen
gerechnet werden. Auch die Balearen könnten dann zumindest teilweise
von weiteren kräftigen Gewittern heimgesucht werden.
Der Kaltlufttropfen zieht im Laufe der Woche weiter nach Osten ins
zentrale Mittelmeer und beeinflusst ab Mittwoch den Süden Italiens,
wo ebenfalls Unwetter erwartet werden. Damit bleibt das Wetter im
westlichen und zunehmend auch im zentralen Mittelmeerraum vorerst
wechselhaft - der Herbst hält also im Süden Europas ebenfalls Einzug.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.10.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst
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