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Thema des Tages
Ausgegeben vom Deutschen Wetterdienst. Neueste Meldung oben

Wette aktuell

Nasser Norden


Das heutige Thema des Tages beleuchtet Teile der Entwicklungen an der
Luftmassengrenze über dem Norden Deutschlands und wirft dazu einen
Blick auf ein interessantes Radarphänomen.


Schon im gestrigen Thema des Tages wurde die Luftmassengrenze über
Norddeutschland angesprochen. Auch die Abläufe mit der Hebung der
Warmluft durch die von Norden einströmende Kaltluft wurden skizziert.
Da kann man sich natürlich die Frage stellen, wieviel Regen denn
bisher gefallen ist ? auch wenn der Regen im Norden weiterhin
andauert.
Die Abbildung eins zeigt dazu oben die 24-stündigen
Niederschlagsmengen bis zum gestrigen Morgen (14.11., 07 MEZ), unten
sind entsprechend die 24-stündigen Mengen bis zum Samstagmorgen
abgebildet. Dabei stammen die Zahlenwerte aus dem DWD-Messnetz, die
Flächendarstellung ist dagegen aus dem DWD-Radarverbund abgeleitet
(die zu den Radardaten gehörende Legende ist rechts im Bild zu
sehen). Schon am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag bildete sich
ein Streifen vom mittleren Emsland bis in die Lüneburger Heide, in
dem über 10 mm, lokal sogar über 15 mm zusammengekommen sind (Station
Saterland-Ramsloh: 17 mm).
Am Freitag selbst intensivierte sich dann das Niederschlagsgeschehen.
Von Ostfriesland und dem nördlichen Emsland bis nach Vorpommern zog
sich ein Bereich mit mehr als 15 mm akkumuliertem Regen, in diesem
Streifen war, geht man nach den Messstationen, der Regen in Emden mit
31 mm am ergiebigsten.
Abbildung 1 ? mittig, ganze Breite
Erklären kann man die Intensivierung der Hebung und der
Niederschlagsraten mit einem verstärkten Aufgleiten. In der Höhe
wurde warme Luft noch etwas nach Norden gedrückt. So stieg die
Temperatur in 500 hPa (etwa 5,5 km Höhe) über Sylt um etwa 2°C an
(von knapp über -20°C auf knapp über -18°C). Andererseits sickerte
bodennah Kaltluft ein und schob sich nach Süden voran. Die Abbildung
zwei zeigt entsprechend die Temperatur (und den für uns hier nicht
relevanten Taupunkt) im südlich von Bremen gelegenen Bassum. Während
am Donnerstag noch der übliche Tagesgang zu erkennen ist, bei dem die
Temperatur am Morgen etwa 9°C beträgt und sich bis zu einem
Spitzenwert von etwa 16°C am frühen Nachmittag aufschwingen kann,
zeigt der Freitag ein gänzlich anderes Bild. Aus der Nacht heraus bei
milden 11°C liegend, sinkt die Temperatur ab dem Morgen
kontinuierlich ab. Abends sind es dann nur noch gut 6°C, die Kaltluft
ist bodennah also vorangekommen. Das Zusammenspiel dieser
gegenläufigen Entwicklungen in der Höhe und am Boden ist ein Grund
für den kräftigeren Regen am Freitag.
Abbildung 2 ? mittig, ganze Breite
Es lohnt sich allerdings, noch einmal einen zweiten Blick auf den
unteren Teil der Abbildung eins zu werfen. Denn auffällig ist dort
nicht nur der angesprochene Niederschlagsstreifen, sondern auch eine
halbkreisförmige Zone vermeintlich sehr starker Niederschläge über
der Nordsee. Allerdings handelt es sich hier mitnichten um kräftigen
Regen, sondern um ein Artefakt bei der Radarmessung.
Im gedachten Zentrum des Halbkreises steht eine 17
(Niederschlagsmessung in mm des Flugplatzes auf Borkum). Und nicht
weit davon entfernt (für Borkum als Insel aber dann doch relativ weit
weg) steht am Borkumer Hafen der Radarturm des Deutschen
Wetterdienstes. Der Halbkreis scheint sich um das Radar herum zu
winden - und das hat gute Gründe. Denn die Strahlen, die das Radar
aussendet, schließen mit dem Erdboden immer einen kleinen Winkel ein.
Sie sind also leicht nach oben gerichtet. In der Folge erreichen sie
irgendwann die Schicht in der Atmosphäre, in dem der fallende
Niederschlag schmilzt. In dieser Schicht werden die Radarstrahlen
besonders effektiv reflektiert, was dann als besonders kräftiger
Niederschlag interpretiert wird.
Abbildung 3 ? mittig, ganze Breite
Die Abbildung drei zeigt dazu eine schematische Darstellung (unten)
und ein Beispielbild aus dem Jahr 2019. Weitere Erläuterungen sind
auch im DWD-Lexikon zu finden, aus dem auch die Grafik stammt. Und
dort findet man auch die Erklärung dafür, warum der Ring am gestrigen
Tag nur ein halber Ring gewesen ist. Der Ring oder Ausschnitte eines
Ringes werden vom Radar dann abgebildet, wenn der Radarstrahl im
Bereich der Schneefallgrenze unterwegs ist. Und die Schneefallgrenze
lag gestern auf der Nordseite der Luftmassengrenze in der Kaltluft
viel niedriger als in der südlich der Luftmassengrenze befindlichen
Warmluft. Entsprechend stärker ist die Reflektivität ? und es
entsteht ein halber Ring.
Noch als Schlussbemerkung: Genau genommen ist die
Niederschlagsabschätzung aus den Radarreflektivitäten natürlich kein
einzelnes Radarbild, sondern nutzt eine Vielzahl von Einzelbildern.
Eine gewisse Verzerrung der Situation durch zeitliche Entwicklungen
ist somit eigentlich zu erwarten. Umso erstaunlicher, wie klar sich
der Ring trotz der zeitlichen Integration bzw. Aufsummierung
herausbildet. Das spricht auch dafür, dass sich die Situation im
Laufe des Tages nur wenig verändert hat und die Position der
Luftmassengrenze recht stabil gewesen ist.

Dipl.-Met. Martin Jonas

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.11.2025

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst



Wetter aktuell

Polarluft versus Warmluft


Meeresluft polaren Ursprungs und subtropische Warmluft treffen
derzeit in Deutschland aufeinander. Was dies zur Folge hat und wie
sich ein Vertikalschnitt durch diese Luftmasse darstellt, wird im
heutigen Thema des Tages beschrieben.


Zwei völlig konträre Luftmassen treffen derzeit in Deutschland
aufeinander. Während in den Norden bereits polare Meeresluft
einfließt, lagert im Süden subtropische Warmluft. Dort wo diese zwei
Luftmassen aufeinandertreffen hat sich eine Luftmassengrenze
etabliert, in deren Umgebung es zu länger anhaltenden Regenfällen
kommt. Am Freitagmorgen erstreckte sich die Luftmassengrenze in etwa
vom Emsland über die Lüneburger Heide bis in die Uckermark.
Am heutigen Freitag stehen in der Warmluft im Süden und Südwesten des
Landes nochmals außergewöhnlich milde Temperaturen auf der Agenda.
Die Höchstwerte bewegen sich dort zwischen 18 und 22 Grad. Bereits
gestern wurden ähnliche Maxima erreicht, sodass an einigen Stationen
Dekaden-, teils auch Monatsrekorde gemessen wurden. Nachfolgend eine
kleine Tabelle der Höchstwerte des gestrigen Tages (Donnerstag,
13.11.2025).
Station Temperatur
Emmendingen-Mundingen (Baden-Württemberg) 22,3 °C.
Baden-Baden-Geroldsau (Baden-Württemberg) 22,1 °C.
Freiburg (Baden-Württemberg) 22,0 °C.
Hechingen (Baden-Württemberg) 21,5 °C.
Elzach-Fisnacht (Baden-Württemberg) 21,4 °C.
Am Samstag gehen die Höchstwerte dann auch im Süden etwas zurück,
liegen aber immer noch im sehr milden Bereich zwischen 10 und 15
Grad.
Wir wollen uns nun aber der Luftmassengrenze am Samstagnachmittag
widmen. In nachfolgendem Bild wurde eine Cross-Section, also ein
Vertikalschnitt durch die untere Atmosphäre, durchgeführt. Die Route
verläuft vom äußersten Süden über die Mitte bis in den Norden
Deutschlands (Kaufbeuren-Meiningen-Peine-Hamburg-Flensburg).
Im oberen Bild ist die Bewölkung in verschiedenen Höhenniveaus (1),
die Nullgradgrenze (2), die Schneefallgrenze (3) und die Topografie
(4) abgebildet. Die ganzen Angaben beziehen sich immer auf den
jeweiligen Streckenabschnitt (Distanz zum Startpunkt ist ganz unten
im Bild in Kilometer angegeben). Ganz im Süden herrscht am
Samstagnachmittag nur etwas hohe Bewölkung vor, anschließend gesellt
sich weiter in Richtung Landesmitte auch mittelhohe Bewölkung dazu
und im frontalen Bereich (Luftmassengrenze) erstreckt sich die
Bewölkung nahezu über alle Höhenniveaus. Ganz im Norden gibt es dann
kaum noch Bewölkung. Die Höhe der Nullgradgrenze verläuft im Bereich
der Warmluft sehr konstant in etwa 2500 m Höhe und sinkt dann
nördlich der Luftmassengrenze rapide auf etwa 800 m ab. Mit der
Schneefallgrenze verhält es sich ähnlich auf etwas niedrigerem
Niveau. Das ist daher der Fall, da Schnee auch bei leichten
Plusgraden fällt, bevor er schmilzt. Da die Schneefallgrenze aber
auch im Norden noch bei 400-600 m liegt und es dort keine
entsprechend hohen Erhebungen gibt, ist am Samstag auch in der
Polarluft nicht mit Schneefall am Boden zu rechnen.
Im unteren Bild ist die Temperatur in verschiedenen Höhenniveaus
sowohl als farbige Flächendarstellung, als auch als Zahlenwert
abgebildet. In der Warmluft ergibt sich eine relativ homogene
Verteilung und die Temperatur nimmt nach Norden hin langsam ab. Als
interessant kristallisiert sich der rot eingekreiste Bereich heraus.
Hier kann bodennah mit einem östlichen Wind bereits die kältere Luft
(blauer Pfeil) einfließen, während im etwas höheren Niveau noch die
Warmluft vorherrschend bleibt. Die Kaltluft schiebt sich also wie ein
Keil unter die Warmluft und zwingt diese zur Hebung, wodurch
Niederschläge ausgelöst werden. Wäre die einfließende Kaltluft
bodennah noch etwas kälter und der Boden ausgekühlt, könnte sich hier
eine gefährliche Lage mit gefrierendem Regen einstellen, was aber am
Samstag nicht der Fall sein wird.
Am Sonntag erstreckt sich die Luftmassengrenze in etwa vom
Niederrhein bis zur Lausitz und am Montag wird dann das ganze Land
mit polarer Kaltluft geflutet.
Wer nun aber deutschlandweit einen Wintereinbruch samt Schneefall bis
ins Tiefland erwartet, der wird enttäuscht. Allenfalls in den Alpen
kann sich ab Montagnachmittag eine Schneedecke bilden und auch in den
höheren Lagen der Mittelgebirge reicht es hier und da für eine dünne
Neuschneedecke.

Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.11.2025

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst





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