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Thema des Tages
Ausgegeben vom Deutschen Wetterdienst. Neueste Meldung oben

Wissenschaft kompakt

Wenn die Küstengebiete in den Schneemassen versinken



Auch wenn aktuell ruhiges und teils sehr mildes Herbstwetter
vorherrschend ist, ist der Winter nicht mehr weit. Dann stellt sich
an Küsten von Meeren und Seen in manchen Fällen ein interessantes
lokales Wetterphänomen ein ? der Lake-Effect-Snow.



Höchsttemperaturen von bis zu 21 Grad und vielerorts reichlich
Sonnenschein erinnern eher an den Altweibersommer als an den nahenden
Winter. Doch der Winter ist nicht mehr allzu fern und damit auch ein
spannendes Wetterphänomen, das in Deutschland bei bestimmten
Wetterlagen besonders entlang der Ostsee beobachtet werden kann. Die
Rede ist von einem Lake-Effect-Snow Ereignis. Das letzte größere
Ereignis liegt schon einige Jahre zurück. Im Februar 2021 sorgte der
Zustrom von arktischen Luftmassen in Verbindung mit der
vergleichsweise warmen Ostsee für regionale Schneemassen entlang der
Ostsee. Vor allem auf Rügen kamen innerhalb von 48 Stunden
stellenweise über 40 cm Schnee zusammen. Dabei fielen lokal eng
begrenzt sogar über 30 cm Schnee innerhalb eines Zeitraums von 12 bis
24 Stunden. Diese Schneemengen sind im Gegensatz zu einigen
historischen Ereignissen in Nordamerika geradezu homöopathisch. Im
November 2014 kam es auf der windabgewandten Seite des Lake Erie in
Buffalo zu einem Ereignis, bei dem innerhalb von nur zwei Tagen in
einem schmalen Streifen 150 cm Schnee zusammenkamen. Die Folge waren
14 Todesfälle, Stromausfälle sowie Lebensmittel und
Versorgungsprobleme.

Damit sich ein signifikantes Lake-Effect-Snow Ereignis ausbildet,
benötigt es eine sehr kalte Luftmasse arktischen Ursprungs mit
Temperaturen in 1,5 Kilometer Höhe von unter -14 Grad und eine
schwach ausgeprägte Windscherung. Dabei ist vor allem die
Windrichtungsänderung in der unteren Troposphäre wichtig, damit sich
gut organisierte Schneefallbänder bilden können. Diese
Schneefallbänder entstehen aber nur, wenn auch der See oder Ozean
ausreichend groß ist. Die arktische Luftmasse braucht nämlich seine
Zeit, um genügend Feuchtigkeit aufnehmen zu können, damit es in der
unteren Troposphäre zu stärkerer Konvektion und zur Ausbildung der
Schneefallbänder kommen kann. Deshalb ist eine Seelänge von
mindestens 100 Kilometer parallel zur Windrichtung hilfreich.
Außerdem ist es für große Schneemengen wichtig, dass die Windrichtung
über längere Zeit konstant bleibt. Damit werden immer wieder die
gleichen Küstengebiete von kräftigen Schneefällen getroffen. Befindet
sich nun noch ein Gebirge auf der windabgewandten Seite des Sees,
kann der kräftige Schneefall durch Staueffekte weiter intensiviert
werden.

In Abhängigkeit der Windströmung ergeben sich dabei verschiedene
Wolkenmuster, die in Satellitenbildern erkennbar sind. Weht ein
kräftiger Wind mit einer geringen Windrichtungsänderung von weniger
als 30° über eine Seeoberfläche, bilden sich zur Windrichtung
parallel angeordnete Schneefallbänder aus, die lokal eng begrenzt im
Küstenbereich für große Schneemengen sorgen können (Bild 1 a). Sind
die Winde dagegen eher schwächer ausgeprägt, kommt es häufig im
Zusammenspiel mit dem Landwind zu einer küstennahen Konvergenzlinie
mit kräftigen Schneefällen, die im weiteren Verlauf auch die
Küstenregion erreichen kann (Bild 1 b). Ist der Wind dagegen sehr
schwach ausgeprägt und sind die Temperaturunterschiede zwischen der
Seeoberfläche und 1,5 Kilometer Höhe besonders stark ausgeprägt,
bildet sich ein mesoskaliger Wolkenwirbel aus, der sich im weiteren
Verlauf zur Küste verlagern und dort für intensive Schneefälle sorgen
kann (Bild 1 c). Diese Form ist aber bei uns sehr selten. Sie wird
etwas häufiger über den Großen Seen in Nordamerika beobachtet. Dort
können sehr kalte, arktische Luftmassen ungehindert nach Süden
strömen. Zudem sind bei uns arktische Kaltlufteinbrüche im
Winterhalbjahr auch häufig mit einer kräftigeren Strömung verbunden.

Da es sich beim Lake-Effect-Snow um ein sehr kleinräumiges Phänomen
handelt und die komplexen Wechselwirkungen zwischen Ozean und der
atmosphärischen Grenzschicht noch nicht vollständig verstanden sind,
haben auch hochaufgelöste Vorhersagemodelle häufig Schwierigkeiten
bei der Bestimmung der betroffenen Region und der Intensität eines
solchen Ereignisses. Zudem gibt es über den Seen kaum Messungen, die
in eine Vorhersage miteinfließen. Auch das Monitoring gestaltet sich
nicht trivial, da die tiefliegenden Schneefallbänder über der See
häufig nicht adäquat vom Radar erfasst werden.

Damit die Küstenregionen der Ostsee von diesem Phänomen betroffen
werden, benötigt es eine östliche bis nordöstliche Strömung. Bereits
ab November können die Luftmassen kalt genug dafür sein. Die meisten
Ereignisse dazu werden jedoch im Dezember beobachtet. Zu dieser
Jahreszeit ist das Wasser der Ostsee noch relativ warm und
gleichzeitig können bei einer günstigen Wetterlage bereits
ausreichend kalte Luftmassen zu uns strömen. Damit wird mit Spannung
auf den kommenden Winter geschaut. Vielleicht werden dann die
Küstenregionen Deutschlands von diesem Phänomen wieder betroffen
sein.


M.Sc.-Met. Nico Bauer

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.11.2025

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst



Wetter aktuell

Viel Niederschlag im Mittelmeerraum


Während es in Deutschland niederschlagstechnisch in den kommenden
Tagen eher mau ausschaut, sieht es im Mittelmeerraum und in Portugal
ganz anders aus. Wie viel Niederschlag dort fällt und bis wann dieser
anhält, ist im heutigen Thema des Tages zu lesen.


In Mittel- und Osteuropa sorgt das umfangreiche Hochdruckgebiet
VIANELDE für ruhiges und trockenes Herbstwetter. Abgesehen von
lokalem Sprühregen aus der Hochnebeldecke werden in den kommenden
Tagen keine Niederschläge erwartet. Ganz anders hingegen präsentiert
sich das Wetter im Mittelmeerraum. Durch die blockierende Wirkung des
Hochs müssen die Tiefdruckgebiete einen alternativen Weg einschlagen
und driften daher nach Südwest- und Südeuropa ab.

Über dem Mittelmeer kann die Luftmasse richtig viel Feuchtigkeit
aufnehmen und daher sind kräftige Niederschläge die Folge. Durch
einen veritablen Temperaturunterschied von etwa 35 Kelvin zwischen
dem Boden und etwa 5,5 km Höhe kann die Luftmasse ordentlich
labilisiert werden, was zu einer weiteren Verstärkung der
Niederschläge führt. Betroffen ist am heutigen Mittwoch vor allem
Portugal, während am morgigen Donnerstag Südfrankreich in den Fokus
rückt. Dabei fallen innerhalb von 24 Stunden zwischen 50 und 100
l/m², im Bereich der südwestlichen Cevennen je nach Modell auch um
150 l/m².

Am Freitag nimmt im zentralen Mittelmeer die Tiefdrucktätigkeit
ebenfalls zu, sodass in der Folge auch die Regionen von Süditalien
bis zur südlichen Balkanhalbinsel von teils kräftigen Regenfällen
betroffen sein werden. Die regionalen Schwerpunkte variieren hierbei
in den Modellprognosen noch. Gebietsweise fallen zwischen Freitag und
Montag 40 bis 70 l/m², lokal um 100 l/m² in 24 Stunden. In einem
72-stündigen Zeitraum von Freitagmittag bis Montagmittag summieren
sich die Niederschläge regional auf 70 bis 120 l/m². Mengen zwischen
140 und 180 l/m² in 72 Stunden deuten sich für die Ionischen Inseln
an.

Im Laufe der neuen Woche soll sich das Wettergeschehen im westlichen
und zentralen Mittelmeerraum wieder beruhigen.

Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.11.2025

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst





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